In Audienz beim Papst
Generalversammlung der Fokolar-Bewegung in Audienz bei Papst Franziskus. Krisen als Chance. Authentizität und Realismus im Umsetzen des Gründungscharismas.
Am Samstag, 6. Februar, empfing Papst Franziskus in Privataudienz die 362 Teilnehmenden der Generalversammlung der Fokolar-Bewegung, eine Vertretung war in der Aula Paul VI. im Vatikan anwesend, die Mehrheit über Internet zugeschaltet.
Papst Franziskus ermutigte in seiner Ansprache alle Mitglieder der Fokolar-Bewegung, ihrem Charisma treu zu bleiben, indem sie es im Dialog mit den aktuellen sozialen und kulturellen Gegebenheiten weiter entwickeln. Er mahnte an, als Bewegung nicht um sich selbst zu kreisen und jede Krise als Chance zum Wachstum zu sehen. «Seid Zeugen der geschwisterlichen Liebe, die alle Schranken überwindet, und fördert so die Synodalität!», sagte der Papst. Er schloss mit der Einladung, in Nachahmung der Fokolar-Gründerin Chiara Lubich in der Ausrichtung auf Jesus am Kreuz zu bleiben, dem Herzstück des Christentums und des Charismas der Fokolare.
Die scheidende Präsidentin Maria Voce stellte dem Papst ihre Nachfolgerin, die Palästinenserin Margaret Karram vor. Karram bedankte sich für die Worte und Gesten des Papstes, «die uns immer wieder anspornen, uns zusammen mit dem ganzen Volk Gottes über die Schmerzen der Menschheit zu beugen und uns dafür einzusetzen, dass im gemeinsamen Haus alle aufeinander schauen und einander als Brüder und Schwestern behandeln».
Aktualisierung durch Kreativität, Weisheit und Sensibilität
«Nach dem Tod der Gründerin», erklärte der Papst in seiner Ansprache, «ist die Bewegung aufgerufen, die daraus möglicherweise folgende Orientierungslosigkeit und den Rückgang der Anzahl an Mitgliedern zu überwinden: Jedes Charisma ist kreativ, es ist keine Museumsstatue!» Diese Aktualisierung sei umso fruchtbarer, je mehr sie Kreativität, Weisheit, Sensibilität für alle und Treue zur Kirche miteinander verbinde. «Eure Spiritualität, die von Dialog und Offenheit für unterschiedliche kulturelle, soziale und religiöse Kontexte geprägt ist, kann diesen Prozess sicherlich fördern», fuhr Papst Franziskus fort. «Seid immer offen für andere, wer auch immer sie sein mögen: das Evangelium ist für alle bestimmt, nicht in Form von Proselytismus, sondern als Sauerteig einer neuen Menschlichkeit an jedem Ort und zu jeder Zeit.»
Der Papst warnt vor Selbstbezogenheit: «Hütet euch vor dem Rückzug auf euch selbst, der immer dazu führt, die Institution zum Nachteil der Einzelnen zu verteidigen, und der auch dazu führen kann, Formen des Missbrauchs zu rechtfertigen oder zu vertuschen. [...] Es ist besser, stattdessen mutig zu sein und die Probleme offen und wahrheitsgemäß anzusprechen.»
Krisen als Chance
Franziskus betonte die Wichtigkeit von Krisen, die immer eine Chance zum Wachstum seien. Eine Krise sei eine Zeit des Heiligen Geistes, die das Bedürfnis nach Aktualisierung weckt, ohne sich von der menschlichen Komplexität und ihren Widersprüchen entmutigen zu lassen. «Es ist die Aufgabe der Leitenden, sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, Krisen in Gemeinschaften und Organisationen gut und konstruktiv zu lösen.» Andererseits müssten persönliche spirituelle Krisen, die immer die Intimsphäre des Individuums betreffen, mit Umsicht begleitet werden. «Die Vermischung von Leitungsverantwortung und spiritueller Begleitung der Einzelnen führt zu den Machtmissbräuchen und anderen Missständen, die wir erlebt haben».
Barrieren überwinden
Für die Verwirklichung der Einheit, zu der sich die Fokolare besonders berufen fühlen, weist der Papst auf eine doppelte Perspektive hin: «Was das Handeln nach außen betrifft, so ermutige ich euch, mit geschwisterlicher Liebe die Zuwendung und Nähe zu den Menschen zu leben, die jede Barriere überwindet und jede menschliche Situation erreicht. Überwinden Sie die Barrieren, haben Sie keine Angst! Es ist der Weg der geschwisterlichen Nähe, der die Gegenwart des auferstandenen Herrn unter den Männern und Frauen unserer Zeit ermöglicht, beginnend mit den Armen, den Geringsten, den Ausgestoßenen; arbeiten Sie zusammen mit Menschen guten Willens für die Förderung von Gerechtigkeit und Frieden!» Für das Engagement innerhalb der Bewegung ermutigte der Papst, immer mehr die Synodalität zu fördern, "damit alle Mitglieder als Bewahrer desselben Charismas mitverantwortlich sind und am Leben des Werkes Mariens und seinen spezifischen Zielen teilnehmen.»
Herz des Christentums
Wer Leitungsverantwortung trage, solle eine transparente Konsultation nicht nur innerhalb der Leitungsgremien, sondern auf allen Ebenen fördern und umsetzen, «kraft jener Logik der Gemeinschaft, nach der jede und jeder seine Gaben und seine Ansichten in Wahrheit und Freiheit in den Dienst der anderen stellen kann». Und er schloss, indem er daran erinnerte, in Nachahmung der Gründerin Chiara Lubich immer auf Jesus im Moment seiner Verlassenheit ausgerichtet zu sein, «der das höchste Maß an Liebe darstellt. Die Gnade, die von ihr ausgeht, ist in der Lage, in uns, den Schwachen und Sündern, großzügige und zuweilen heroische Antworten zu wecken; sie ist in der Lage, Leiden und sogar Tragödien in eine Quelle des Lichts und der Hoffnung für die Menschheit zu verwandeln. In diesem Übergang vom Tod zum Leben liegt das Herz des Christentums und auch Eures Charismas.»