Ein Internationaler Kongress in Rom vereinigt 500 Menschen aus verschiedenen Religionen. Sie zeigen konkrete Beispiele für Geschwisterlichkeit, Gerechtigkeit und Versöhnung. Eingeladen wurden sie von der Fokolar-Bewegung und unterstützt von Papst Franziskus.
Mit einer Pilgerreise der Geschwisterlichkeit nach Assisi ist am 4. Juni die internationale Konferenz Eine Menschheitsfamilie zu Ende gegangen. Sie begann am 31. Mai am Zentrum der Fokolar-Bewegung in Castel Gandolfo (Italien) und erlebte einen Höhepunkt bei der Papst-Audienz am 3. Juni. Papst Franziskus bezeichnete den von der Fokolar-Gründerin Chiara Lubich begonnenen interreligiösen Dialog als „einen revolutionären Weg, der so viel Gutes für die Kirche bringt.“
Insgesamt haben 480 Personen aus 40 Ländern teilgenommen; 12 Sprachen waren vertreten. Aus Österreich konnten neun Personen teilnehmen, fünf Christen und vier Muslime aus Tirol und der Steiermark. Aus der Schweiz stellte u.a. der Zürcher Rechtswissenschaftler und Dialog-Experte Ramazan Özgu einen Workshop vor, den Muslime und Juden gemeinsam in Schulen durchführen, um gegen Vorurteile und Hass vorzubeugen.
„Wir haben eine unglaubliche Präsenz des Göttlichen erfahren und uns als eine Familie erlebt“, erzählen Rita Moussallem und Antonio Salimbeni, die Koordinatoren des Zentrums für interreligiösen Dialog der Fokolar-Bewegung. „Gerade heute ist der Dialog notwendiger denn je. Wir haben über die Schritte gesprochen, die zum Aufbau des Friedens notwendig sind, aber der Schwerpunkt lag vor allem auf den konkreten Erfahrungen, die wir machen und die als Beispiele dienen können. Denn ist es die immer konkrete Begegnung mit Menschen, welche die vielen Polarisierungen in Beziehungen verwandelt.“
Begegnung, Zuhören, Schritte der Versöhnung, Teilen des Leids der Völker haben die Konferenz gekennzeichnet, bei der sich von Experten geleitete Panels mit Dialoggruppen abgewechselt haben. Um internationale Politik und diplomatisches Handeln, Wirtschaft, künstliche Intelligenz und Umwelt drehten sich die Themen, die im Blick auf den Frieden behandelt wurden. Zahlreiche Akademikerinnen und Experten aus vielen Kulturen, Religionen und beruflichen Kontexten nahmen teil.
„Die Religionen haben heute eine grundlegende Funktion“, betonte Botschafter Ferrara. „Religionen können die Rolle des ‘kritischen Gewissens’ der Menschheit spielen und sich an die Politik wenden, indem sie Prioritäten aufzeigen. Es braucht eine politische Vision; es ist nötig, sich die Zukunft dieses Planeten auf konstruktive, neue und kreative Weise vorzustellen. Wir müssen etwas pflegen, was in den internationalen Beziehungen derzeit fehlt, nämlich Vertrauen.“
Viele Programmpunkte waren persönlichen Zeugnissen, Projekten und Aktionen gewidmet, ausgerichtet auf eine bessere Zusammenarbeit von Menschen verschiedener Religionsgemeinschaften für den Frieden und auf die Linderung der Nöte ihrer jeweiligen Völker.
Eine Delegation von 200 Teilnehmenden, darunter Birgit Bodner aus Hall in Tirol, wurde am 3. Juni von Papst Franziskus empfangen. In seiner Rede beschrieb er den von der Gründerin der Fokolar-Bewegung Chiara Lubich, mit Menschen verschiedener Religionen begonnenen Weg als „einen revolutionären Weg, der so viel Gutes für die Kirche bringt.“ Die Grundlage, auf der diese Erfahrung basiert, sei „die Liebe Gottes, die in der gegenseitigen Liebe, im Zuhören, im Vertrauen, in der gegenseitigen Aufnahme und im gegenseitigen Kennenlernen zum Ausdruck kommt, in voller Achtung der jeweiligen Identität.“
„Wenn uns diese Worte einerseits tiefe Freude bereiten,“ kommentierte Margaret Karram, die Präsidentin der Fokolar-Bewegung, „fühlen wir uns andererseits verpflichtet, noch viel mehr für den Frieden zu tun. Deshalb wollen wir uns dafür einsetzen, die Kultur des Dialogs und der „Sorge“ für Mensch und Schöpfung zu stärken und zu verbreiten. Der Papst hat uns dies bestätigt, als er sagte, dass der Dialog zwischen den Religionen eine notwendige Voraussetzung für den Frieden in der Welt sei. In schrecklich dunklen Zeiten wie diesen braucht die Menschheit einen gemeinsamen Raum, um der Hoffnung Substanz zu verleihen.“
Unter den Teilnehmenden waren Rabbiner, Imame, katholische Priester, Mönche des Theravada- und Mahayana-Buddhismus sowie jüdische, muslimische und christliche Gläubige, weiter Hindus, Buddhistinnen, Sikhs und Bahá’i sowie Gläubige traditioneller afrikanischer Religionen aller Generationen.
Botschafter Pasquale Ferrara, Generaldirektor für politische und sicherheitspolitische Angelegenheiten des italienischen Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten und internationale Zusammenarbeit, Großrabbiner Marc Raphaël Guedj, die muslimische Theologin Shahrzad Houshmand Zadeh, Kezevino Aram, Präsident der indischen Organisation „Shanti Ashram“, Rev. Kosho Niwano, designierter Präsident der japanischen buddhistischen Bewegung Risho Kossei Kai, Fadi Shehadé, Gründer des RosettaNet-Projekts, ehemaliger CEO von ICANN; der italienische Wirtschaftswissenschafter Luigino Bruni, die indische Philosophin Priya Vaidya, der muslimische Theologe Adnane Mokrani, Professor Dicky Sofjan vom indonesischen International Center for Law and Religious Studies, Fabio Petito, Dozent für Religion und Internationale Beziehungen der Universität Sussex.
Text bearbeitet von Beatrix Ledergerber; Fotos von Birgit Bodner. und CSC Audiovisivi