Wort des Lebens September 2020

Gebt, dann wird auch euch gegeben werden! Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß wird man euch in den Schoß legen.

„Jesus stieg mit ihnen den Berg hinab. In der Ebene blieb er mit einer großen Schar seiner Jünger stehen, und viele Menschen aus ganz Judäa und Jerusalem und dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon waren gekommen, um ihn zu hören.“ (1 Zu ihnen sprach Jesus von den Seligpreisungen, vom Reich Gottes und von den Verheißungen des himmlischen Vaters an seine Kinder.
Jesu Zuhörer waren Männer und Frauen aus verschiedenen Völkern und Kulturen, die eigens gekommen waren, um ihn zu hören. Bis heute ist seine Botschaft an alle Menschen gerichtet; alle können sie aufnehmen und verstehen.

„Gebt, dann wird auch euch gegeben werden! Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß wird man euch in den Schoß legen.”

Die Botschaft Jesu ist neu: Der Vater im Himmel liebt uns, seine Kinder, in überfließendem Maß. Er gibt uns die Fähigkeit, unser Herz weitzumachen und großzügig nach dem Vorbild Gottes zu handeln, also ebenfalls zu geben: materielle Dinge, aber auch Gastfreundschaft, Barmherzigkeit, Vergebung.
Jesus spricht von einem überfließenden Maß, das uns in den Schoß gelegt wird. Damit meint er, dass die Liebe Gottes zu uns keine Grenzen kennt. Gottes Zusagen erfüllen sich über unsere Erwartungen hinaus, und er befreit uns vom Zwang, immer berechnen und planen zu müssen, und von der Angst, zu kurz zu kommen.

„Gebt, dann wird auch euch gegeben werden! Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß wird man euch in den Schoß legen.”

Mit Bezug auf diese Aufforderung Jesu schrieb Chiara Lubich: „Wenn wir ein Geschenk von einem Freund bekommen, möchten wir es erwidern. (…) Wenn es schon uns so geht, wie mag es dann erst für Gott sein, der die Liebe selbst ist?
Er erwidert jedes Geschenk, das wir unseren Nächsten in seinem Namen machen. (…) Gott tut das nicht, damit wir reich werden. (...) Je mehr wir haben, desto mehr können wir geben! Denn als gute Verwalter der Gaben Gottes lassen wir alles in unseren Gemeinden und Gemeinschaften kreisen. (...) Sicher hat Jesus in erster Linie an die Belohnung gedacht, die wir im Paradies bekommen werden. Das ‚gehäufte Maß’, mit dem er uns schon auf dieser Erde beschenkt, ist ein Vorgeschmack darauf und zeigt uns, dass wir uns auf diese Zusage verlassen können.“ (2

„Gebt, dann wird auch euch gegeben werden! Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß wird man euch in den Schoß legen.“

Wenn wir diese Liebe nicht allein, sondern gemeinsam mit anderen leben, kann eine gesellschaftliche Veränderung ihren Anfang nehmen.
Eine solche Erfahrung konnte Jesús aus Spanien machen: „Meine Frau und ich haben eine Firma im Bereich Unternehmensberatung und Weiterbildung. Die Grundsätze der ‚Wirtschaft in Gemeinschaft‘ #3 haben uns begeistert. Wir wollten lernen, was es heißt, auf die anderen zu achten: Mit den Angestellten haben wir die Gehälter neu bewertet und nach Alternativen zu auf den ersten Blick notwendigen Entlassungen gesucht. Wir haben gegenüber den Zulieferern unser Zahlungsverhalten überprüft und langfristige Geschäftsbeziehungen aufgebaut. Mit konkurrierenden Unternehmen führen wir gemeinsame Kurse durch und lassen sie an unserem Knowhow teilhaben. Kunden beraten wir ehrlich, auch wenn das unseren Profit schmälert. Das so aufgebaute Vertrauen half uns, gut durch die Finanzkrise von 2008 zu kommen.
Später lernten wir durch die Hilfsorganisation ‚Levántate y Anda‘ (Steh auf und geh) einen Spanischlehrer von der Elfenbeinküste kennen, der in seinem Dorf eine Entbindungsstation errichten wollte. Wir haben das Projekt angeschaut und die notwendige Summe zugesichert. Er konnte es nicht glauben. Ich habe ihm erklärt, dass es sich um Gewinn aus unserem Unternehmen handelte. Der Kreißsaal ‚Geschwisterlichkeit’ wurde von Muslimen und Christen gemeinsam gebaut und ist heute ein Symbol des Zusammenlebens. In den letzten Jahren haben sich die Gewinne unseres Unternehmens verzehnfacht.“

Letizia Magri



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(1 vgl. Lukas 6,17f
(2 Chiara Lubich, Kommentar zum Wort des Lebens Juni 1978, zuletzt veröffentlicht in Neue Stadt, 5/2013