Marco Tecilla

Marco Tecilla war 19 Jahre alt, als er zum ersten Mal von dieser Gruppe überspannter junger Frauen, wie man sie in Trient nannte, hörte. Marco hielt sich von ihnen fern. Eines Tages lud ihn ein Franziskaner, P. Casimiro, zu einem Treffen ein, ohne ihm zu sagen, worum es ging.

Marco erzählt weiter: … Die Tür ging auf und eine Gruppe Mädchen kam herein. Ich sah sie: Das sind sie! Aber da ich mittendrin saß, konnte ich nicht mehr hinausgehen. Sie waren alle voller Freude, mit einem Lächeln auf den Lippen und setzten sich. An die Stelle des Paters trat eines der Mädchen. Ich schaute sie an: Sie war schön, mit tiefschwarzen Haaren. Sie schaute nicht zu uns, sondern zu den anderen Mädchen und begann zu sprechen. Dann verstand ich, das war Chiara, Chiara Lubich, damals hieß sie noch Silvia. Ich hörte ihr zu. Nach einiger Zeit merkte ich, dass ich dort saß – das Kinn auf die Hand gestützt – und ihre Worte wie einen Strom in mich aufnahm, sie regelrecht aufsog. Sie sprach ungeheuer kraftvoll … wie von Feuer erfüllt. Und ich spürte, dass sie mir etwas Großes mitteilte. Sie sprach zu mir von Gott, von Gott, der die Liebe ist. Ich erinnere mich nicht mehr an die Worte; es war mehr eine Erfahrung des Göttlichen. Es war für mich ein Geschenk und es fiel mir wie Schuppen von den Augen, wie man so sagt. Bis dahin hatte ich diese Mädchen für bigott und übertrieben gehalten! Nun musste ich feststellen, dass es um etwas Sehr Ernstes ging.

Marco war Elektriker und sehr tüchtig, wenn es darum ging, etwas zu reparieren. Auf Wunsch von Pater Casimiro stellte er sich dieser Gruppe junger Frauen zur Verfügung. Bedingt durch den Krieg lebten sie in einer kleinen Wohnung am Kapuzinerplatz in Trient.

Marco: Ich kam immer zur Abendessenszeit, weil ich tagsüber arbeitete. (...) Und – auf einer Leiter oder auf einem Stuhl stehend – hörte ich den Tisch-Gesprächen der jungen Frauen zu. Es waren vier oder fünf. Sie redeten miteinander, ohne auf meine Anwesenheit zu achten. Es ging immer um das Evangelium. Und eines Abends lud mich Chiara ein, eine Pause zu machen und mich zu setzen. Sie sagte: „… Wir wollen auf radikale Weise das Evangelium leben. Wir Christen sind doch oft nur Schauspieler. Sonntags setzen wir die Christen-Maske auf, als wäre das nur ein Job für einen kurzen Moment – für die Stunde der Messe. Danach sind wir wieder frei und werden zu normalen Bürgern.“ Und sie fuhr fort: „Sieh mal, als Jesus in Palästina war, war er immer Jesus, rund um die Uhr: wenn er auf dem Boot fuhr oder im Boot schlief, wenn er ein Wunder wirkte, sich zum Beten auf den Berg zurückzog oder zu den Menschenmassen sprach, er war immer Jesus. (…) Wenn Jesus heute zurückkäme, in unserem Jahrhundert, wäre er vielleicht ein Arbeiter wie du, ein Elektriker; er würde Arbeitskleidung tragen. Er wäre ein Arbeiter, aber immer wäre er Jesus: Jesus in der Werkstatt, Jesus in der Kirche, Jesus unterwegs auf der Straße, Jesus der sich vergnügt, Jesus in der Familie.“ Diese Worte zeigten mir einen Jesus, den ich nicht kannte. (…) Ich spürte stark diesen Ruf: (…) „Wenn ich Christ sein will, muss ich rund um die Uhr „Jesus“ sein!“
Ich weiß noch, als ich die Wohnung verließ, war es schon dunkel. Auf dem Heimweg befand sich neben der Straße eine kleine Mauer. Ich lehnte mich dagegen und betrachtete den Sternenhimmel. Bis dahin war Gott für mich jenseits des Firmaments gewesen, weit weg. Ja, Jesus hatte gelebt, aber vor 2000 Jahren, er war nicht mehr da! Doch in diesem Moment spürte ich, dass dieser Gott, den ich jenseits der Sterne des Firmaments zu wissen glaubte, in mir war. Chiara hatte mit ihren Worten diese Erkenntnis in mich hineingelegt.

Marco spürte, dass Gott etwas von ihm wollte, aber er konnte nicht verstehen, was das war. Er hatte immer vorgehabt zu heiraten und eine Familie zu gründen. Nun war er verwirrt. Er teilte das in wenigen Worten Pater Casimiro mit. Dieser schrieb sofort einen Brief an Chiara. Ihre Antwort auf diesen Brief war direkt an Marco gerichtet.

Marco: Ich nahm den Brief, eilte nach Hause, ging in mein Zimmer und las ihn. (…) Und während ich den Brief las, verstand ich mit einer absoluten Klarheit, dass ich Jesus folgen musste und zwar auf dem Weg Chiaras. Seitdem sind mehr als 60 Jahre vergangen, und ich habe nie den geringsten Zweifel an dieser Entscheidung gehabt. Dieses Licht war so stark, so durchdringend, dass es mich völlig umhüllte!

Marco starb am 8. März dieses Jahres. Er war der erste Fokolar, der erste Mann, der Chiara Lubich auf diesem neuen Weg des Fokolars gefolgt ist.
 

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Chiara Lubich und die Dialoge: Alle Blumen (be)achten - Guardare tutti i fiori