„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ (Johannes 6,37)
Diese Zusage machte Jesus nach der wundersamen Brotvermehrung. Die Menge versammelte sich um ihn, und er sprach mit den Menschen, die ein weiteres Zeichen von ihm verlangten, um an ihn glauben zu können.
Dieses Zeichen der Liebe Gottes ist Jesus selbst. Er ist der Sohn, den der Vater gesendet hat, um alle Geschöpfe zu ihm heimzubringen, vor allem die Menschen, die ja als Abbild Gottes geschaffen sind. Der Vater selbst ergreift die Initiative und zieht alle zu Jesus. Er legt in jedes Menschenherz die Sehnsucht nach der Fülle des Lebens, also nach der vollen Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen.
Jesus wird also keinen Menschen ablehnen, auch nicht den, der sich weit entfernt von Gott fühlt. Es ist der Wille des Vaters, niemanden zu verlieren.
„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“
Das ist wirklich eine gute Nachricht: Gott liebt jeden Menschen unendlich zärtlich und barmherzig. Väterlich und geduldig wartet er auf alle, die sich von ihrer inneren Stimme gedrängt auf den Weg zu ihm machen.
Oft plagen uns Zweifel: Warum sollte Jesus mich annehmen? Was will er von mir? Das Einzige, das Jesus möchte, ist, dass wir in Freiheit zu ihm kommen, um uns seiner Liebe anzuvertrauen, die keine Gegenleistung erwartet.
Wenn wir diese Überfülle der Liebe Jesu erfahren, werden wir den Wunsch spüren, ihm selbst in jedem Menschen zu begegnen, wer es auch sei, und niemanden abzulehnen.
„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“
In Québec (Kanada) gibt es eine Gruppe, die das „Wort des Lebens“ miteinander teilt. Sie nimmt sich vieler Familien an, die aus verschiedenen Teilen der Welt nach Kanada kommen, etwa aus Frankreich, Ägypten, Syrien, dem Libanon und dem Kongo. Diese Familien erfahren eine herzliche Aufnahme und viel Unterstützung. Konkret geht es darum, ihre Fragen zu beantworten, beim Ausfüllen von Formularen zu helfen, Kontakt mit den Schulen der Kinder herzustellen und ihnen bei den alltäglichen Dingen das Eingewöhnen einfacher zu machen. Ein wichtiger Teil sind auch Französischkurse und Arbeitssuche.
Guy und Micheline schreiben: „Eine unserer syrischen Familien, selbst Kriegsflüchtlinge, hatte eine andere Familie aus Syrien kennengelernt, die erst seit Kurzem im Land war und sich noch nicht zurechtfand. Über ihre Kontakte in den sozialen Netzwerken hat sie eine Welle der Solidarität ausgelöst. Viele haben sich engagiert und spontan zur Verfügung gestellt, was die Familie brauchte: Betten, Sofas, Tische, Stühle, Geschirr, Kleidung, Bücher. Die Kinder unserer Familien brachten Spielzeug. Die Familie bekam mehr, als sie brauchte, und gab einiges an andere Bedürftige in ihrem Wohnblock weiter.“
„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“
Wir können das Wort Gottes lebendig werden lassen, wenn wir die Nähe Gottes zu jedem Menschen bezeugen.
Dabei kann uns eine Meditation Chiara Lubichs zur Barmherzigkeit Gottes helfen: Sie ist „eine Liebe, die das Herz weit macht und den Armen, den Bettlern, den vom Leben Enttäuschten und reumütigen Sündern beisteht. Diese Liebe versteht es, den Nächsten, der vom Weg abgekommen ist, aufzunehmen, sei er Freund, Bruder oder Fremder, und sie hört nicht auf, ihm zu verzeihen. ... Diese Liebe misst nicht und wird nicht gemessen. Die Liebe erblüht reicher, umfassender und konkreter als je zuvor. ... Die Barmherzigkeit ist der höchste Ausdruck der Liebe und ihre Erfüllung. Die Liebe steht über dem Schmerz; denn ihn gibt es nur in diesem Leben, während die Liebe auch im anderen Leben bleibt. Gott zieht die Barmherzigkeit dem Opfer vor (vgl. Matthäus 9,32).”
Letizia Magri
Hinweis: Dieses Schriftwort ist die Jahreslosung der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen. www.oeab.de