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Andrea Reuter

In meiner Familie gehörte Musik zum Menschsein. Man spielte Streichquartett und Klavier. Die Großmutter hatte eine sehr schöne Stimme. Bald stellte sich bald heraus, dass ich Talent habe.

Als ich 17 Jahre alt war, standen Professoren der Musikhochschule bei einem Gesangssolo neben mir. Sie entdeckten, dass in meiner Stimme etwas Besonders steckt. Sie rieten mir, ich solle Gesangsunterricht nehmen. Über die Sekretärin meines Vaters kam ich zu einer alten Dame, die selbst beim Lehrer von Dietrich Fischer-Dieskau, einem berühmten Liedsänger, unterrichtet worden war. Diese Lehrerin hat mir alles gegeben. Nach ein paar Monaten sang ich schon Arien aus dem Oratorium „Die Schöpfung“ von Joseph Haydn.

Mein Vater und der Kantor in der Gemeinde haben sich dafür stark gemacht, dass ich neben dem Sologesang auch eine Ausbildung zur Schulmusikerin mache. Ich bin immer zweigleisig gefahren: Solokarriere und parallel Ausbildung und Arbeit im Bereich der Schulmusik.

Ich selbst liebe das Kunstlied und hatte vor Jahren ein kleines Textbändchen von Papst Johannes Paul II entdeckt, dass sich das „Römische Triptychon“ nannte. Schon damals hatten mich die Texte fasziniert und ich dachte: Daraus müsste man eigentlich einen Liederzyklus machen. Ich konnte den libanesischen Orgel-Musiker Naji Hakim für die Komposition gewinnen. Naji Hakim lebt in Paris und ist der Nachfolger von Olivier Messiaen (1908-1992), einem der größten Komponisten des 20. Jahrhunderts.

Nach den positiven Echos auf das „Römische Triptychon“ hatte ich den Wunsch, Texte von Chiara Lubich, der Gründerin der Fokolar-Bewegung, zu vertonen. Ihre Spiritualität hat in mir etwas in Bewegung gesetzt. Durch sie habe ich von innen her verstanden, dass schmerz- und leidvolle Erfahrungen in der Liebe zu Gott und im Leben für andere verwandelt werden können. Dieses Erlebnis ist der Grund für mein Engagement.

Wir Menschen können einen Funken des Göttlichen wiedergeben, weil wir das in unserer Seele haben. Und das ist mehr als ein gefühliger Wohlrausch, in den ich mich hineingieße und entspanne. Das kann geschehen bei einer Beerdigung, auf der das Requiem von Brahms mit dem Stück „Wie lieblich sind deine Wohnungen, oh Herr“ vorgetragen wird. Man ist traurig und wird zutiefst getröstet von einem Lied, das kündet von der Ewigkeit, von dem, was uns dort erwartet. Und das geschieht, wenn jemand in seiner ganz eigenen Tonsprache seine Sicht auf den Himmel ausdrückt.

Musik hat die Fähigkeit, die Seele zu erheben und das Innerste in uns zu berühren. Die Zutaten dafür sind: die Gabe des Komponisten, die Inhalte, die Begegnung mit dem Interpreten, der Ort der Aufführung und das Publikum.

Und doch passiert es, dass nach einem solchen berauschenden Konzert einige Besucher ins Auto steigen und sich über den Nächsten empören, der ihnen die Parklücke versperrt.

„Geistliche“ Momente bleiben zerbrechlich.

Wer ist noch dabei?

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